Sicherlich tragen die beispielhaften Einblicke in die schulischen SMASCH-Aktivitäten dazu bei, die kontinuierlichen Suchprozesse und die bereits erfolgten Schritte zu illustrieren, die im Rahmen der ersten Projektphase erfolgt sind. Gleichermaßen helfen sie dabei, den besonderen konzeptuell-methodologischen Ansatz von SMASCH zu veranschaulichen. Gerade für die Frage ‚Was ist insgesamt passiert?’ bedarf es jedoch zusätzlich einer systematischeren Analyse der erhobenen Daten, welche für diesen Bericht ebenfalls (zunächst für die Hamburger Schulen) durchgeführt wurde. Ziel dieses Kapitels ist es, die Grundlagen dieser Analyse genauer zu erläutern, in diesem Kontext einen Überblick über die bisher erhobenen Daten aus den Schulen zu geben, sowie zentrale Ergebnisse der Analyse vorzustellen.
Überblick zum Datenkorpus
Seit Beginn der Arbeit mit den Schulen (Schuljahr 2021/2022) bis zum Zeitpunkt dieser Zwischenberichtserstellung (erstes Schulhalbjahr 2022/2023) wurden umfangreiche und vielfältige Daten in den Schulen gesammelt. Dies ergibt sich aus dem im Rahmen von Kapitel 2 beschriebenen methodologischen Ansatz, welcher den Erhebungs- bzw. (Co-)Design-Prozess mit den Schulen maximal offen und ethnografisch begleitet sowie gleichzeitig von einer Vielzahl von Akteur.innen (Wissenschaftler.innen, Prozessbegleitungen, Medienpädagog.innen, etc.) mitgetragen wird. Entsprechend herausfordernd war es nicht nur, diese vielfältig erhobenen Daten gut zu dokumentieren, sondern ebenso, sinnvolle Systematiken für die Ordnung der Daten zu entwickeln. Im Sinne des SMASCH-Ansatzes sind wir uns der Wirkmächtigkeit solcher Systematiken – auch in Bezug auf ihre Sichtbarmachung im Rahmen von Datenmanagementplattformen – bewusst (Hartong et al. 2020), ebenso wie der Herausforderung, dass mit jeder Kategorisierung Daten vereinfacht gruppiert werden müssen und Nuancen dadurch verloren gehen. Entsprechend stellt sich die Typisierung der Daten als ein ebenso kontinuierlicher Reflexionsprozess dar.
Wie im Rahmen von Kapitel 2 beschrieben, schließt der methodologische Ansatz von SMASCH eine Vielzahl unterschiedlicher Erhebungsmethoden ein, die von eher ‚klassischer‘ qualitativer Sozialforschung (Interviews, Beobachtungen etc.) bis hin zu experimentelleren Methoden interventionistischer Forschung (Logbücher, kollaborativ entwickeltes Analysematerial) reichen. Die Grenzen zwischen beiden sind fließend und eine eindeutige Zuordnung nicht immer gegeben; dennoch macht eine solche Unterscheidung Sinn, weil sie etwa möglich macht, stärker analytische Phasen von stärker interventionistischen Phasen zu unterscheiden. Entsprechend ergaben sich als Grundlage für den Zwischenberichtes insgesamt die folgenden Datentypen:
Gespräche
Per Audiogerät aufgezeichnete und im Anschluss transkribierte bzw. tabellarisch ausgewertete Gespräche nehmen im SMASCH-Prozess die zentralste Rolle ein und stellen entsprechend den größten, aber auch am schwersten zu differenzierenden Anteil des Datenkorpus dar. Die häufigsten Anlässe für diese Gespräche sind Treffen der Wissenschaftler.innen, Prozessbegleiter.innen und medienpädagogischen bzw. IT-Expert.innen mit Akteuren.innen der Schule, insbesondere der schulinternen SMASCH-Gruppe, sowie das Beisein von SMASCH im Rahmen schulischer Veranstaltungen (z.B. pädagogische Ganztagskonferenzen, Fachkonferenzen oder Jahrgangsplanungstreffen). In diesen Gesprächskontexten steht die Erhebung von Daten weniger im Vordergrund (d.h. das Aufnahmegerät läuft lediglich im Hintergrund mit), sondern es geht um eine aktive Sondierung von Ideen, Problemen, Prozessen oder Ergebnissen. Die Teilnehmenden – inkl. der Projektmitarbeiter.innen – tauschen sich hierbei aus, entwickeln Hypothesen, materialisieren sie in Form von Artefakten, erproben Prototypen oder Interventionen und präsentieren Zwischenergebnisse. Mit anderen Worten sind diese Gesprächsdaten regelmäßig mit anderen Daten (z.B. eine gemeinsam entwickelte oder reflektierte Plattformoberfläche, eine Flipchartgrafik, etc.) gekoppelt, die im Kontext der Forschungen in der Regel gemeinsam analysiert werden. Auch sind Feldnotizen der teilnehmenden Wissenschaftler.innen eine wichtige Form der Dokumentation entsprechender Formate.
Qualitative Interviews
Im Gegensatz zum allgemeineren Datentypus Gespräch nutzen wir qualitative Interviews, um leitfadengestützte Gespräche zu klassifizieren, die die Wissenschaftler.innen im Projekt dezidiert initiierten, um Expert.innenwissen, zu unterschiedlichen Forschungsinteressen zu generieren. Im Rahmen dieser Interviews nahmen sie entsprechend eine weniger interventionistische bzw. beteiligte Position und mehr eine tatsächlich beforschende Position ein. Im Rahmen von SMASCH wurden derartige Interviews etwa geführt, um mit ausgewählten Personen einzelne Gestaltungsprozesse zu bilanzieren, Probleme aus einer spezifischen Perspektive heraus (z.B. Schulleitung) zu eruieren oder um das Design bestimmter digitaler Technologien besser zu verstehen (z.B. Entwickler.innen von LMS.lernen.hamburg, siehe Kapitel 4.1). Gleichzeitig ermöglichte es die tendenziell offene und diskursive Gestaltung dieser Interviews, Alltagstheorien und Selbstinterpretationen differenziert zu erheben sowie Situationsdeutungen oder Handlungsmotive in einer offenen Form zu erfragen (Hopf 2013).
Teilnehmende Beobachtung
Ähnlich wie die Gespräche stellt die teilnehmende Beobachtung eine zentrale Methode bei SMASCH dar, aus der sich insbesondere Feldnotizen als Daten ergeben. Die Wissenschaftler.innen des Projekts verwendeten dieses Instrument etwa bei Unterrichtsbesuchen, in denen aufgrund der Datenschutzregularien keine Audioaufnahme erfolgen durfte, um beispielsweise die Erprobung und Weiterentwicklung eines analog-digitalen Hörspazierganges zu beobachten. Hierbei waren die Forschenden zwar stärker Element des zu beobachtenden sozialen Feldes als beim qualitativen Interview, lösten sich aber dennoch immer wieder bewusst von ihrer mitgestaltenden Rolle, um aus einer analytischeren Perspektive heraus das Geschehen zu verfolgen und zu reflektieren. Für die Feldnotizen kristallisierte sich bei SMASCH das Format eines in sich plausiblen Textes heraus mit möglichst dichten Beschreibungen, wie soziale Phänomene aus der teilnehmenden Perspektive heraus wahrgenommen wurden. Diese Form der Protokolle sind entsprechend ethnomethodologisch fundiert (Lüders 2013).
Surveys
Das Instrument der Befragung (Surveys) mittels Fragebogen wurde in unterschiedlichen Schulen genutzt, um niedrigschwellig Stimmungsbilder zu spezifischen Themen oder Gestaltungsbereichen einzuholen oder aber um fokussierte Perspektiven (etwa Gestaltungsprozesse kleinerer Gruppen) mit breiteren Gruppen von Beteiligten (z.B. im Rahmen einer Gesamtkonferenz des Kollegiums) widerzuspiegeln. Gleichzeitig sind derartige Fragebögen im Vergleich zu anderen qualitativen Methoden relativ grob und durch die wirkmächtige Vorstrukturierung standardisierter bzw. standardisierender Fragen z.T. nicht unproblematisch, z.B. wenn im Kontext der Erhebung des ‚Digitalisierungsstandes’ nach technischer Ausstattung gefragt und dies per Rating abgebildet wird, kann dies leicht als normatives Ziel von Digitalisierungsaktivitäten gelesen werden. Entsprechend wird dieses Instrument im Rahmen von SMASCH eher selektiv verwendet, erweist sich aber nichtsdestotrotz als gewinnbringende Methode der Wissensgenese.
Ethnografisch begleitete Interface-analysen
Kern des Projekts ist neben der Interaktion mit menschlichen Beteiligten (u.a. Gespräche über digitale Technologien) die direkte Beforschung von Technologien sowie ihrer vielfältigen Wirkungen. Gerade in den letzten Jahren sind zahlreiche neue Methoden eingeführt und weiterentwickelt worden, die eine derartige Beforschung aus qualitativer Perspektive heraus erlauben (siehe für einen Überblick Decuypere et al. 2021 sowie Decuypere 2021). Ein Beispiel ist die sogenannte ‚Walkthrough-Methode’ (Light et al. 2018), bei welcher Wissenschaftler.innen – ggf. gemeinsam mit Praktiker.innen – die Nutzungsarchitektur einer Plattform oder App verzögert durchlaufen und Interfacedesigns während des Prozesses bewusst einfangen. Über eine Kombination von Screenshots und Logbüchern bzw. auto-ethnographischen Protokollen oder Audiomemos werden diese Walkthroughs zu einem Datenkorpus verdichtet, der dann weiter analysiert werden kann.
Sonstige Prozess- und Ergebnisdaten
Unter dieser letzten Kategorie fassen wir kollektive und/oder individuelle Materialisierungen, die in SMASCH-bezogenen Gestaltungsprozessen entstanden, aber nicht auf ein bestimmtes technologisches Design bezogen sind. Hierunter fallen etwa Unterrichtsgestaltungsentwürfe, Landkarten, Roadmaps, Skizzen, Concept- und Mindmaps, ergebnissichernde Visualisierungen, Fotos, Netzwerkkarten oder Feldnotizen, die nicht unter das oben beschriebene Format fallen.
Insgesamt verteilen sich die unterschiedlichen Datentypen zum Zeitpunkt Herbst 2022 wie folgt:
Datentyp | Anzahl | |
Gespräche | Transkripte | 130 |
Protokolle | 66 | |
Qualitative Interviews | 24 | |
Teilnehmende Beobachtung | 3 | |
Surveys | 2 | |
Ethnografisch begleitete Interfaceanalysen | 16 | |
Sonstige Prozessdaten | 93 | |
Daten (Gesamt) | 334 | |
Designereignisse (Gesamt) | 178 |
Weitere Erhebungen sowie Analyse der Daten für den vorliegenden Bericht
Ziel der Datenanalyse war, eine Meta-Bilanz über die ersten 1,5 Jahre des Projekts – bzw. über etwas mehr als ein Jahr der direkten Zusammenarbeit mit den Schulen – zu ziehen. Mit anderen Worten geht es darum, erste Wirkungszusammenhänge zu identifizieren, die sich im Kontext der Projektarbeit schulübergreifend bzw. -vergleichend manifestierten. Wir fragten uns, welche Formen der Auseinandersetzung mit Digitalisierung bzw. Digitalität sich (z.B. in bestimmten Momenten, Akteurskonstellationen, Prozessen oder Vorhaben) zeigten, welche Kontextfaktoren hierbei eine besondere Rolle spielten und was sich insgesamt bzgl. der (Weiter-)Entwicklung von ‚digitaler Mündigkeit‘ in den Schulen aussagen lässt. All diese Fragen stecken im Prinzip in sämtlichen im Rahmen von SMASCH laufenden Forschungen und können in diesen Kontexten auch in einem höherem Detailgrad bearbeitet werden als es im Rahmen der Meta-Analyse für diesen Bericht möglich war (siehe Anhang für bereits publizierte Forschungsergebnisse aus dem Projekt). Gleichzeitig nehmen die unterschiedlichen Forschungen meist Ausschnitte bzw. ausgewählte Schulen in den Blick (etwa LMS.lernen.hamburg im Rahmen von Grundschulen, Perspektiven auf organisationales Lernen, etc.), wohingegen ein verallgemeinernder Gesamtblick auf die Daten fehlt. Diese Lücke sollte die Meta-Analyse zumindest im Ansatz schließen.
Um der Vielfalt und auch Komplexität der Daten gerecht zu werden, wurde ein mehrstufiges Vorgehen gewählt. So wurden in einem ersten Schritt eine Reihe von Reflexionsinterviews sowohl mit den Wissenschaftler.innen also auch den Prozessbegleitungen bzw. der medienpädagogischen Begleitung im Projekt geführt.1Reflexionsgesprächen mit schulischen Akteur.innen fanden regelmäßig in den unterschiedlichen Schulen statt und waren bereits in den Datenkorpus eingeflossen Eine neue wissenschaftliche Mitarbeiterin, die zu Beginn des zweiten Projektschuljahrs in das Projekt eingestiegen ist und daher eine unvoreingenommene, externe Perspektive mitbrachte, führte die Interviews entlang eines halb-standardisierten Leitfadens. Die Interviews verfolgten das Ziel, die SMASCH-Prozesse auf einer Metaebene zu reflektieren und intersubjektive bzw. generalisierbare Eindrücke zu sammeln. Explizit wurde hierbei sowohl nach positiven Erfahrungen und Entwicklungen als auch nach Herausforderungen, Spannungen und Momenten des Scheiterns gefragt. Pro Schule fanden zwei dieser Gespräche statt, welche jeweils aufgezeichnet und transkribiert sowie im Anschluss entlang der oben beschriebenen Fragen inhaltsanalytisch (in Anlehnung an Kuckartz 2018) ausgewertet wurden (Gesamtkorpus: 18 Interviewtranskripte). Das Kategoriensystem bestand hierbei aus vier initialen Hauptcodes: 1) SMASCH-Aktivitäten und -Projekte, 2) Kontextfaktoren, 3) Akteur.innenkonstellation und 4) Veränderung des Blicks auf Digitalisierung. Durch die thematische Kodierung der Reflexionsgespräche konnten die Wissensvorräte, Einschätzungen und Relevanzsetzungen von Personen strukturiert werden, die den Prozess in den Schulen intensiv betreuen und mitgestalten, aber auch vergleichende Perspektiven aus unterschiedlichen Schulen einbringen konnten. Entsprechend stellten die Ergebnisse aus den Reflexionsinterviews bereits eine hochgradig wertvolle Datengrundlage einer Zwischenbilanz von SMASCH dar.
Gleichzeitig diente dieses systematisch generierte (Vor-)Wissen in einem zweiten Schritt als Ausgangspunkt, um spezifischere Fragen zu generieren, die an den vorhandenen Datenkorpus herangetragen werden konnten – nicht nur um die Eindrücke aus den Interviews weiter zu differenzieren, sondern auch, um die schiere Masse des vorhandenen Datenkorpus fruchtbar selektieren zu können. Folglich wurden sämtliche Daten, auf die in den Reflexionsgesprächen verwiesen wurde, sowie pro Schule mindestens ein Artefakt ausgewählt, das den Kick-Off des SMASCH-Prozesses dokumentiert und damit, welche Anfangsbedarfe und Anforderungen an die Gestaltung von Digitalisierung sich in den Schulen manifestierte. Diese Artefakte (insgesamt 29 Dokumente), wurden ebenso mittels der genannten Hauptkategorien codiert. Im Zuge des Codierprozesses wurden die Kategorien am Material weiter verfeinert, indem etwa ad hoc-Fragen bzw. -Hypothesen2Im Rahmen von Prozessanalysen empfiehlt Starke (2013) eine ad hoc Strategie, um bspw. Kontextwissen zu rekonstruieren. Wir verwendeten diese Möglichkeit, um systematisch generiertes (Vor)Wissen mit unterschiedlichen Datenquellen zu prüfen und im Team zu diskutieren. entwickelt wurden, die im Team diskutiert wurden. In einem letzten dritten Schritt wurden die Ergebnisse insgesamt aufbereitet, wobei sich eine Systematisierung nach Spannungsfeldern ergab, die wir im Folgenden näher erläutern.
Zentrale Ergebnisse: SMASCH als Manifestation von produktiven Spannungsfeldern
Ein zentrales Analyseergebnis der Daten aus den Schulen ist das Hervortreten dreier prominenter Spannungsfelder, in denen SMASCH operiert. Während einige Facetten dieser Spannungsfelder für Schultransformationsvorhaben eher typisch erscheinen und in diesem Sinne Erfahrungen anderer Projekte in diesem Bereich bestätigen, entspringen andere Facetten wiederum dem besonderen Kontext von SMASCH bzw. stellen sich im SMASCH-Kontext auf eine ganz spezifische Weise dar.
Schulische Rhythmen, Projektrhythmen, Ent- und Beschleunigung
Dass Schulpraktiker.innen generell unter hohem Zeitdruck agieren und wenig freie Kapazitäten haben, ist ein allseits bekanntes Problem für Projekte, die einen Wandel anstreben und dabei auf eine Mitwirkung möglichst vieler Personen angewiesen sind. Die Daten zeigen jedoch, dass durch digitale Innovationen entstehende Spannungen nicht vorschnell auf einen Mangel an Zeit reduziert werden sollten. Vielmehr zeigt sich im Kontext von SMASCH eine Vielzahl unterschiedlicher Problematisierungen von bzw. Perspektiven auf Zeit, die in mehr oder weniger produktiver Reibung zueinanderstehen und die in dieser Reibung bearbeitet werden müssen, um das Thema digitale Mündigkeit voranzubringen.
So zeigen die Interviewdaten übereinstimmend, dass SMASCH durch seinen Blick auf kritische Auseinandersetzung und Abwägung für die Schulen in ihren erlebten Rhythmen zunächst als signifikante Entschleunigung wahrgenommen wurde, obgleich mit dem Projekt neue, durchaus intensive Rhythmen für Veranstaltungen oder Gespräche implementiert wurden. So berichteten die Interviewten von einem deutlichen Irritationsmoment zu Beginn des Projekts, als den Schulen eine Position präsentiert wurde, die jede Form der ‚Hauruck-Digitalisierung’ bewusst problematisierte. Aus unserer Sicht erlebten die meisten Schulen eine solche Position als konträr zu den Ansprüchen, die sie in Zeiten von Pandemie und Digitalpakt übernommen haben und die sie in eine kontinuierliche Rechtfertigungshaltung brachten, nicht ‚weit genug’ zu sein oder ‚jetzt ganz schnell eine andere Plattform finden’ zu müssen.
Entsprechend zeigte sich, dass die Option eines ‚entschleunigen Dürfens‘ beim Großteil der Schulen als Erleichterung empfunden wurde. So wurde im Rahmen eines Interviews etwa eine deutlich wahrgenommene Entlastung auf Seiten der Schulleitung genannt, als klar geworden sei, dass es um Digitalisierung als langfristigen Prozess geht und eben nicht um ein Projekt mit schnell abhakbaren Aufgaben.
Oder zum Beispiel auch in Gesprächen mit den Schulleitungen, hat man gemerkt, vielleicht kann man das so beschreiben, dass sie gemerkt haben, dass Digitalisierungsthemen keine abhakbaren Punkte sind, und dass, entlastet mich auch ein Stück weit als Schulleiter.in, weil ich dann sagen kann: „das ist ein Prozess. Und indem ich das als Prozess begreife, muss ich das auch nicht mehr als To-do sehen“. Also ein langfristiges To-do, also keins, was irgendwie innerhalb von heute auf morgen umgesetzt werden kann.
– Forschende im SMASCH-Projekt
Gerade dieser Perspektivwechsel führte auch bei einigen SMASCH-Gruppen dazu, dass sie sich eben nicht direkt auf schnellen Output, sondern vielmehr auf die Etablierung organisationaler Infrastrukturen fokussierten, wie etwa schulinterne, tragfähige Supportstrukturen oder aber Räume für ein regelmäßiges Miteinandersprechen. Durch dieses Miteinandersprechen zeigte sich dann beispielsweise, dass es bei Bedürfnissen und Ängsten von Lehrkräften an vielen Schulen weniger um Anwendungsfragen oder Technik ging, sondern eigentlich um Themen wie Kontrollverlust, sich verändernde Berufsidentität oder eines schwindenden ‚Wissensmonopols‘. In vielen Schulen lässt sich nach dem ersten Projektschuljahr sagen, dass durch diese bewusste Entschleunigung bedeutsames Potential freigelegt wurde, die eigene Organisation, aber auch das Thema Digitalisierung besser und anders zu verstehen und damit entsprechend kontextsensible Strategien und Ideen zu entwickeln. In dieser Hinsicht wurden also zentrale Projektziele erreicht.
Gleichzeitig zeigt sich, dass im Moment der Entschleunigung zahlreiche Risiken liegen, mit denen SMASCH entsprechend laufend konfrontiert ist. So bedeutet Entschleunigung im Projektsinne bewusst nicht, das Level der Aktivität herunterzufahren bzw. vom ‚Machen’ ins ‚Reden’ zu wechseln. Im Gegenteil: Es geht im Projekt darum, bewusst mehr und regelmäßiger Zeit in das Beschäftigen mit dem Thema zu investieren und hierbei Reden und Machen systematisch (z.B. in Co-Design-Prozessen) zu verzahnen – eine Praktik, die viel Zeit kostet und entsprechend im ohnehin zeitlich engen Alltag immer wieder ausgebremst wird. Entsprechend erlebte auch SMASCH, dass Prozesse durchaus regelmäßig bewusst wieder beschleunigt werden mussten, um voranzugehen. Hier bestand und besteht die Herausforderung darin, nicht zurück in eine Hauruckmentalität zu verfallen. Andersherum erlebten Schulen (und auch die Projektbeteiligten) die Entschleunigung auch als partiell frustrierend, vor allem dann, wenn Ergebnisse des Projekts ‚sichtbar’ gemacht werden sollten, die üblichen Messkriterien (z.B. Anzahl von Geräten, Nutzung von Plattformen) aber bewusst in Frage gestellt wurden. Entsprechend war auch hier eine kontinuierliche Aufgabe für die Projektbeteiligten und insbesondere die Prozessbegleiter.innen, derartige (bzw. auch alternative) ‚Meilensteine’ und Messkriterien benenn-, verfolg- und dann doch abhakbar zu machen, um dem Prozess Richtung und zeitliche Struktur zu verleihen.
Insgesamt lässt sich wenig überraschend festhalten, dass Zeitmangel für die Entwicklung digitaler Mündigkeit problematisch ist. So drängt der von Schulpraktiker.innen erlebte Zeitdruck sie immer wieder dazu, digitale Technologien entweder nur instrumentell oder überhaupt nicht zu nutzen. Auch der forschende Blick, den SMASCH an Lehrkräfte heranträgt und der in seinem Erlernen Zeit kostet, wird von vielen Lehrkräften als etwas erlebt, dass sie sich zeitlich nicht ,leisten‘ können.
Um nicht nur diejenigen Lehrkräfte zu adressieren, die sich in der SMASCH-Gruppe engagieren oder aber ohnehin am Thema interessiert sind (und damit die bereits angesprochene Wissensschere zwischen Erfahrenen und im Thema noch neuen Lehrkräften zusätzlich zu verstärken), wurden durch SMASCH immer wieder neue Formen ausprobiert, um das Gesamtkollegium anzusprechen. Dazu zählen etwa die kostbaren Ganztagskonferenzen, die die SMASCH-Schulen dem Projekt regelmäßig zur Verfügung stellten und von SMASCH ausrichten ließen. Hierbei planten die Prozessbegleitungen sehr genau mit Blick auf Erwartungen und Möglichkeiten (z.B. Balance zwischen Input, Austausch und Ausprobieren), aber ebenso mit Blick auf Strategien der Motivationsförderung. Zentral leitend war hierbei wiederum, dass Lehrkräfte nur dann in das Thema einsteigen, wenn sie für sich und ihren Unterricht einen Mehrwert in der kritischen Auseinandersetzung erkennen und wenn sie gleichermaßen Lust am Ausprobieren gewinnen. Während dieses Vorgehen an vielen Stellen bemerkenswerte Innovationsdynamiken freilegte, so erlebten doch alle Beteiligten auch immer wieder, wie schulstrukturelle Zeitregime (z.B. das Abarbeiten bestimmter Inhalte in einer festgelegten Anzahl an Stunden, das Hinarbeiten zu einer Prüfung, etc.) sie vom Experimentieren abhielten oder aber ein stark funktionales Anwenden digitaler Technologien forcierten. Auch für Schulleitungen zeigen die Daten, dass von außen gesetzte Anforderungen und Fristen tendenziell zu einem Erfüllungs- und Abhakmodus führen, der den Blick auf Digitalisierung regelmäßig verengt. So zum Beispiel die Suche nach einfach übertragbaren Best Practices, Konzentration auf handelbare, abhakbare Aufgaben wie etwa das Absolvieren von Fortbildungseinheiten, die Vermittlung von technischem Anwendungswissen oder die Optimierung der Infrastruktur. Im Gegenteil wurden Handlungsoptionen, die die jeweilige Schule in ihren (pädagogischen) Besonderheiten als Ausgangspunkt nehmen und deshalb erst einmal offen im Ausgang sind – wie SMASCH sie bewusst in den Fokus rückt – nicht selten als (zeitlicher) Luxus erlebt.
Und eben zum Beispiel in der [Schulname], da war es wirklich so, die wussten gar nicht wie anfangen oder so. Also da war so ein pädagogisches Konzept eher ein Luxusproblem. Also das ist jetzt sehr, zugespitzt gesagt. Aber so nach dem Motto, wir müssen hier erst einmal überhaupt alles heranschaffen und wissen, wie kommen wir überhaupt an die Sachen ran und so weiter.
– Forschende im SMASCH-Projekt
Hinzu kommt, dass die Suche nach ‚kontextscharfen‘ Fortbildungen, ebenso wie ein fruchtbarer Austausch zwischen Schulen im Bereich Digitalität nicht selten zeitaufwändiger ist als das Durchlaufen von Standardprogrammen im Fortbildungsbereich, weil – wie auch in den Auseinandersetzungsprozessen im Projekt insgesamt – zunächst bzw. immer wieder ein gemeinsames (Begriffs-)Verständnis hergestellt werden muss, was genau ‚gebraucht‘ wird, welche Ideen hinter bestimmten Vorhaben stehen oder welche Form des Voneinander-Lernens im gegebenen Kontext die geeignetste ist. Umso bedeutsamer war und ist für SMASCH, immer wieder neu Wege zu eruieren, wie die Beschäftigung mit Digitalisierung eben nicht als add-on Thema – d.h. als umfangreiche zeitliche Zusatzinvestition – erlebt wird, sondern als etwas, was sich möglichst direkt an ohnehin laufende Alltagspraktiken anschließen lässt ohne in seiner Vielfalt zu verlieren.
Blick(e) auf digitale Technologien
Eng verknüpft mit der Tendenz zur Entschleunigung ist ein bereits mehrfach angesprochenes Anliegen von SMASCH, den funktional-technischen Fokus im Kontext von Digitalisierung auf einen breiteren, auf Verstehen- und Gestaltenwollen orientierten Blick zu erweitern. Ein solcher Blick interessiert sich dafür, was digitale Technologien jenseits ihrer Funktionalitäten ‚tun‘, welche veränderbaren oder unabänderlichen Implikationen mit ihnen einhergehen oder welche bildungsrelevanten Werte in Technologie eingeschrieben sind bzw. auch bewusst (z.B. beim Co-Designen) eingeschrieben werden können. Hierbei stehen Technologien immer in Relation zu breiteren Themen (z.B. Inklusion, Weltverstehen, Nachhaltigkeit), d.h. die instrumentelle Dimension ist nur eine von vielen.
Bezüglich der Frage, wie sich die Wahrnehmungen digitaler Technologien im Kontext von SMASCH in den Schulen gestaltete bzw. veränderte, zeigen sich – ähnlich wie beim vorherigen Thema Zeit – viele Dinge gleichzeitig, wobei es sich insgesamt als extrem herausfordernd erwies, besagten Blick oder Blickveränderungen auf digitale Technologien empirisch ‚einzufangen‘. Dennoch lassen sich einige interessante Beobachtungen herausarbeiten: So berichteten die meisten Interviewten, dass im Großteil der Schulen im Rahmen der stattfindenden Gespräche und Veranstaltungen zu Beginn eine primäre Orientierung auf Digitalisierung als Technikausstattung und -nutzung vorherrschte und Gespräche über Digitalisierung entsprechend sehr stark auf derartige Themen (z.B. ‚Wie kann die Nutzung von iPad populärer werden?‘) fokussiert wurden. Die Idee von SMASCH, die enge Fokussierung auf Technikthemen durch das Verstehen von Technik und ihrer Anwendung als Teil eines größeren Zusammenhangs zu ersetzen, stieß in den Schulen jedoch auf große Zustimmung. Dennoch erwies sich das Durchtragen dieser Haltung als selbstverständliche Handlungsmaxime für die schulischen Beteiligten als extrem schwierig, insbesondere dann, wenn es um das Festlegen konkreter Vorhaben oder Meilensteine ging. Mit anderen Worten wurde zwar im Rahmen von Gesprächen immer wieder ‚groß gedacht’ und Digitalisierung in seiner Vielfalt besprochen; wenn es um konkrete Ansatzpunkte ging, fielen die Vorhaben dann aber schnell wieder auf Technik- oder Anwendungsfragen zurück. Entsprechend zentral wurden sogenannte ‚Klick-Momente’ erlebt, wenn sich eingebrachtes Metawissen zu Digitalität mit konkreten Beispielen für den Unterricht verknüpften.
Ja, also ich würde sagen, es ist immer das Wissen, das wir reinbringen, zu LMS.lernen.hamburg oder Plattformen und dieser Eingangsvortrag einfach bei der pädagogischen Ganztagskonferenz, aber und halt auch vor allem das mit der Praxis verknüpft, also dieser Input, dieser medienpädagogische ist der Klick-Moment.
– Forschende im SMASCH-Projekt
Wir konnten beobachten, dass Schulpraktiker.innen in diesen Momenten bewusst begannen, Fragen ganz anderer Art zu stellen oder aber von neuartigen Inspirationen berichteten, die sie unmittelbar zur Anwendung bringen wollten (etwa, wenn es um die eigene Unterrichtsgestaltung ging). Interessanterweise – und dies erscheint an dieser Stelle als zentraler Befund – waren derartige Klick-Momente weniger davon gekennzeichnet, dass Schulpraktiker.innen ‚auf einmal’ begannen, über didaktisch-pädagogisch gestaltete Digitalisierung oder über die umfassendere Tragweite von Digitalisierung für Bildung (und umgekehrt) und ihrer Rolle hierin nachzudenken. Im Gegenteil berichteten viele, dass eine Perspektive, wie SMASCH sie zu vermitteln suchte, sehr viel enger an ihre bisherigen Überlegungen und pädagogischen Reflexionen anschlussfähig sei als es der in der Reform oftmals als dominant erlebte Technikblick.
Also ich glaube, gerade da ist dieser Punkt total zentral. Die waren jetzt vorher nicht unreflektiert, überhaupt nicht. Die hatten diesen pädagogischen Kern total im Blick, wären wahrscheinlich auch sehr experimentierfreudig, aber waren auch mit dieser Technikfrage einfach befasst.
– Forschende im SMASCH-Projekt
Mit anderen Worten schienen nicht wenige Praktiker.innen vorher eine Spannung zwischen Technik und Pädagogik zu erleben, die sie nun besser ‚auflösen’ bzw. zumindest besser integrieren konnten. Entsprechend fühlten sich diese Personen bestenfalls darin bestärkt, ihrer eigenen professionellen Einschätzung zu folgen und trotzdem für digital-analoges Experimentieren offen zu sein bzw. sich auf Wandel einzulassen.
Das komplexe Zusammenspiel zwischen den bereits vorhandenen Reflexionen von Pädagog.innen zum Thema Digitalisierung einerseits und den im Rahmen des Projekts verhandelten Perspektiven auf digitale Technologien andererseits stellt sich schließlich nochmals in spezifischer Form dar, wenn Schulen in herausfordernder sozioökonomischer Lage betrachtet werden. So tritt bei diesen Schulen die Sorge um pädagogische Vernachlässigung im Kontext von Digitalisierung besonders stark hervor, etwa wenn es darum geht, motorische Fähigkeiten und Bewegung im Prozess der Digitalisierung nicht noch weiter durch Bildschirmzeiten zu verdrängen. So machten Schulleitungen und Lehrkräfte dieser Schulen immer wieder deutlich, dass ihre Schüler.innen außerhalb des Unterrichts bereits deutlich zu viel Zeit am Bildschirm verbringen:
Das betrifft nicht nur die Fein- und Grobmotorik, sondern auch die Fähigkeit, mit jemanden zu kommunizieren hier an diesem Standort. Also nicht nur, dass es oftmals die zweite oder dritte Sprache ist, das Deutsche, das ist jetzt mal unabhängig davon, aber überhaupt, wie man ein Gespräch führt. Dass man sich anschaut, dass man reagiert auf das, was das Gegenüber einem sagt in irgendeiner Form. Das fehlt halt auch grade hier richtig viel, finde ich.
– Lehrkraft in einer Projektschule
Diese Schulen, so zeigen die Daten, erleben regelmäßig, dass Vorgaben des Curriculums mit dem enormen Bedarf ihrer Schülerschaft an Vermittlung sozialer und kommunikativer Grundfähigkeiten nicht wirklich zusammenpassen und haben entsprechende Bewältigungsstrategien bzw. Alltagspraktiken etabliert, um diesen Bedarfen besser gerecht zu werden. Auf den Themenbereich Digitalisierung übertragen bedeutet dies, dass diese Schulen SMASCH vor allem dann als Bereicherung erlebten, wenn diese Passung gegeben bzw. der Blick auf digitale Technologien grundsätzlich von einer Berücksichtigung der besonderen Schülerschaft geleitet war (z.B. Hinwendung zum Thema kultureller Vielfalt statt Migration, Überwindung von Sprachbarrieren, Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern, Steigerung der Attraktivität der Schule als Arbeitsort für Lehrkräfte, etc.). Gleichzeitig manifestierte sich die im letzten Abschnitt dargelegte Problematik um die alltägliche Ressourcenknappheit in diesen Schulen wenig überraschend nochmals besonders stark.
Rolle der SMASCH-Gruppen
Das letzte hier vorgestellte Spannungsfeld betrifft die zahlreichen Wirkmechanismen, die sich im ersten Projektschuljahr rund um die SMASCH-Gruppen zeigten, sowohl was ihre konkrete Zusammensetzung als auch was ihre Aktivitäten im Gefüge der schulischen Organisation angeht.
Zunächst hat das Projekt auch hier mit einer Problematik zu tun, die aus anderen Projekten dieser Art bekannt ist, nämlich, dass schulische Steuergruppen zwar zentral für den Prozess sind, sie aber in den meisten Fällen nicht alle Stimmen ausreichend repräsentieren (können), die für eine gesamtorganisationale Strategieentwicklung wichtig sind. Dies schließt auch ein, dass bestimmte Funktionsträger.innen formaler Teil einer solchen Gruppe sein mögen, aber bei Treffen dann ggf. öfter fehlen oder aber aufgrund von Überlastung nicht das Engagement zeigen können, das sie gerne würden. Aber auch grundsätzlich und wie bereits in Kapitel 1.3 angedeutet, ergibt sich bei SMASCH eine besondere Herausforderung für Steuerung dadurch, dass die Idee gesamtorganisationaler Gestaltung von Digitalisierung sowohl extrem partizipativ als auch sehr offen gedacht wird. Dies führt naturgemäß immer wieder zu Diskrepanzen der Priorisierung und Bewertung einzelner Schritte oder Vorhaben und potenziert zum Teil die oben dargelegte Problematik möglicher Blickwechsel.
Wie im Rahmen von Kapitel 1.3 erläutert, sind in fast allen Schulen des Samples Schulleitungspersonen in den SMASCH-Gruppen repräsentiert. Dennoch zeigen die Daten, dass die operative Sichtbarkeit der Schulleitung je nach Projektschule stark variiert und in manchen Schulen eher gering ist. Dasselbe gilt für die große Gruppe unterrichtender Lehrkräfte, von denen in jeder Gruppe wenige (die dann aber meist Zusatzfunktionen wie Jahrgangs- oder Fachleitung innehaben) repräsentiert sind (siehe auch vorherige Abschnitte). Wie oben beschrieben hat SMASCH Prozesse und Strukturen – etwa durch die Prozessbegleitung – implementiert, die diese Schieflagen bestmöglich versuchen aufzufangen, indem entsprechende Kommunikationsräume etabliert werden, während auch im Rahmen der SMASCH-Gruppen regelmäßig analytisch auf die Gesamtorganisation geschaut wird. Dennoch zeigen sich in manchen Schulen immer wieder Akzeptanzprobleme sowohl des Projekts als auch der SMASCH-Gruppe innerhalb des Kollegiums. Dieser Befund gilt vor allem für diejenigen Schulen, in denen die Repräsentanz der Schulleitung fehlt (und mit ihr die Signalwirkung für das Wirken in SMASCH) und/oder tatsächlich unterrichtende Lehrkräfte unterrepräsentiert sind.
Entsprechend hat sich SMASCH im Verlauf der ersten Projektphase zunehmend stärker auch darauf fokussiert, die Schulleitungen immer wieder ‚ins Boot zu holen’ um entsprechenden Rückhalt für das Projekt sicherzustellen. Andere Schulen zeigten hingegen von Anfang an ein hohes Engagement der Schulleitung, die entsprechend kontinuierlich bewusst signalisiert, dass Digitalität im Sinne des SMASCH-Ansatzes eine hohe Priorität hat und das Projekt als solches wertgeschätzt wird. Gleichzeitig hat die Schulleitung in diesen Schulen die Ressourcen und Belastungsgrenzen des Kollegiums im Blick, was sich wiederum positiv auf die Projektbeteiligung und auch -wahrnehmung unter den Lehrkräften auswirkt
Bei der Einführung und Konsolidierung der SMASCH Gruppe war die Schulleitung dabei, sodass die Kolleg.innen, die in der SMASCH Gruppe arbeiten, eine Wertschätzung erfahren haben und wahrgenommen haben, dass für die Schulleiterin das Thema Digitalisierung eine hohe Priorität hat.
– Prozessbegleitung im SMASCH-Projekt
Gleichzeitig ist wichtig anzumerken, dass diese divergierende Konstellation der Gruppenzusammensetzung keinesfalls bedeutet, dass Vorhaben nicht dennoch produktive Dynamiken entfalten können und – nachdem sie von einer kleinen Gruppe erfolgreich angestoßen wurden – letztendlich doch vom Gesamtkollegium aufgegriffen werden, etwa durch eine gelingende Ganztagskonferenz. Dies erfolgte vor allem dann, wenn die oftmals erlebte Spannung zwischen Idealen der Digitalisierung (= Visionen und Vorhaben der SMASCH-Gruppe) und Alltagsrealität (= Erleben der unterrichtenden Lehrkräfte) als nicht vollständig auflösbar anerkannt, aber produktiv in die Gestaltung aufgenommen wurde, etwa indem im Lichte anzuerkennender Unvereinbarkeiten neue Prioritäten herausgebildet oder Grenzen verschoben wurden.
Ähnlich ambivalente Einschätzungen ergeben sich im Hinblick auf das operative ‚Tagesgeschäft‘ der SMASCH-Gruppen selbst. So ist zunächst als unbedingter Erfolg zu verbuchen, dass sich die SMASCH-Gruppen in den meisten Schulen sehr regelmäßig treffen und die Arbeit zu keinem Zeitpunkt einstellten – auch nicht als immer neue Krisen die Schulen trafen, wie etwa neue Corona-Wellen oder aber die mit dem Krieg in der Ukraine zusammenhängende Zunahme von Geflüchteten. In manchen Schulen finden Treffen der Gruppen sogar wöchentlich statt; hinzu kommt eine intensive Kommunikation mit den Prozessbegleitungen und der medienpädagogischen Begleitung per E-Mail und Telefon. Gleichzeitig stellen die meisten Gruppen fest, dass sie für ihre Treffen oftmals nur ein sehr knappes Zeitbudget zur Verfügung haben, was wiederum regelmäßig dazu führt, dass das Thema Digitalisierung (hier) vor allem auf organisatorische Fragen oder die Planung punktueller Events (z.B. Ganztagskonferenzen) fokussiert wird. Für ‚echte‘ Entwicklungsarbeit, so berichten die Prozessbegleitungen, bräuchte man mehr Zeit am Stück bzw. andere Zeitkonzepte. Entsprechend hat auch hier SMASCH den Blick zunehmend darauf verlagert, die Arbeit an Digitalisierung mit der Entwicklung entsprechender Zeitkonzepte zusammenzudenken und ggf. neue Wege zu suchen (u.a. durch die Nutzung digitaler Technologien), hiermit produktiv umzugehen.
Bezüglich der SMASCH-Gruppen lässt sich schließlich feststellen, dass in denjenigen Schulen, in denen grundsätzlich bereits eine hohe Orientierung auf Partizipation vorherrscht, Ansätze der digitalen Mündigkeit, wie SMASCH sie vertritt, deutlich leichter aufgegriffen werden als in weniger partizipativ orientierten Schulen. Mit anderen Worten zeigen die Daten, dass Partizipation und reflexiv-kritische Beschäftigung mit Digitalisierung Hand in Hand gehen bzw. nur zusammen funktionieren können.
Wenngleich die Auswertungen der Daten insgesamt nur Ausschnitte der Frage ‚Wie wirkt SMASCH?’ bearbeiten (können), so geben sie doch bereits zahlreiche Hinweise auf Mechanismen und Wirkungszusammenhänge rund um das Projekt in den Schulen. Hierbei zeigen sich zunächst eine Reihe hochkomplexer Herausforderungen, in denen sich das Projekt bewegen muss und die sich auch nicht als solche auflösen lassen. Dazu gehören neben politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen bzw. Krisen (bspw. Corona/Krieg in der Ukraine) behördliche Rahmenvorgaben wie bspw. bildungspolitische Digitalförderprogramme oder die wöchentliche Arbeitszeit, die sozioökonomische Situiertheit der jeweiligen Stadtviertel der Schulen, um nur einige zu nennen. Aus diesem Grunde wurde im Verlauf des ersten Projektschuljahres sehr sensibel auf diese Herausforderungen geschaut und über einen kontinuierlichen Austauschprozess mit den Schulen bereits einiges ausprobiert bzw. implementiert, was SMASCH hat ‚ankommen’ und fruchtbar werden lassen. Gleichzeitig zeigt der Blick in die Schulen, dass SMASCH im Prinzip in jeder Einzelschule etwas anderes ist, sich individuell manifestiert und lokal kontextspezifische Dynamiken entfaltet. Die Offenheit des Projektdesigns für eine derartige Vielfältigkeit wird entsprechend von den Schulen dankbar angenommen bzw. anders würde es, so das Gesamtfazit bisher, nicht gehen.